2011/06: UVS-Graz – Was strafbar ist, bestimmt der Verfassungsschutz

Vorgehen der Polizei in Zusammenhang mit anonymer Denunziation immer fragwürdiger

Angebliche Planung von Anschlägen mit Sprengsätzen: Strafbar, wenn die Polizei einen Einsatz gegen antifaschistische DemonstrantInnen in Graz durchführt. Nicht strafbar, wenn Betroffene später unbequeme Fragen nach der Identität des anonymen Denunzianten stellen.

Mit einer dubiosen Mail rechtfertigte die Polizei ihren Einsatz gegen den Bus antifaschistischer DemonstrantInnen am 28. Jänner, die gegen den rechtsextremen WKR-Ball in Wien protestieren wollten. Alle TeilnehmerInnen wurden durchsucht, ihre Namen aufgeschrieben. Als die Betroffenen Beschwerde gegen diesen Grundrechtseingriff beim UVS einreichten, legte die Polizei ein anonymes Mail vor, in dem Unbekannt angibt, die DemonstrantInnen hätten bei einem öffentlichen Vorbereitungstreffen Anschläge mit „Sprengsätzen“ geplant, in der Absicht „Menschen [zu] töten“. Mehrere seltsame Aspekte dieser Denunziation veranlassten die BeschwerdeführerInnen, die Ausforschung der Identität des Verfassers zu verlangen.

„Kein Gerichtsauftrag“

Nun hat die Bundespolizeidirektion Graz geantwortet: Der steirische Verfassungsschutz habe die Ermittlungen geführt, aber leider nur feststellen können, dass das Mail von der Internetseite „hush.com“ versendet worden sei. Eine Anfrage an den Provider Hushmail in Kanada sei nicht möglich gewesen, da dies nur über einen „Gerichtsauftrag“ möglich gewesen sei und die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen seien.

Schlicht lächerlich

Das heißt: Die vermeintliche Planung von Anschlägen mit Sprengsätzen gegen Personen ist auf einmal keine strafbare Handlung mehr, die eine Anfrage an einen Provider ermöglicht!? Den Polizeieinsatz am 28. Jänner hat die Behörde gerade aber mit der angeblichen Notwendigkeit der Abwehr gefährlicher Angriffe legitimiert. In Österreich darf die Polizei zur Gefahrenabwehr bereits ohne Gerichtbeschluss von Providern die Namen von NutzerInnen erfragen, denen eine bestimmte IP-Adresse zugeordnet war. Aber auch in Kanada ist die Planung von Anschlägen gegen das Leben von Menschen vermutlich strafbar – und pikanterweise wirbt der Provider Hushmail mit seiner Kooperationsbereitschaft gegenüber den Behörden: „I understand that Hushmail is not suitable for illegal activity and that the providers of Hushmail will cooperate fully with authorities pursuing evidence via valid legal channels.“ Angesichts der Realität von §278a-Ermittlungen gegen NGO’s ist die Erklärung der Behörde schlicht lächerlich.

Mail ist Vorwand – mehr nicht

Das Vorgehen und die Rechtfertigung der Polizeidirektion Graz und des steirischen Verfassungsschutzes erhärten unseren Vorwurf weiter. Wer immer das anonyme Mail verfasst hat – die Behörde gab nur ein paar Stunden vor, es ernst zu nehmen: nämlich als es darum ging, alle TeilnehmerInnen an den Protestaktionen zu kriminalisieren.
Im Vorfeld wurde nichts gegen angebliche Sprengsätze unternommen – nicht einmal die ÖH, die den Bus organisiert hat, wurde über angebliche Sprengsätze in ihrem Bus informiert
Und wenn unerwünschte Fragen gestellt werden, hört sogar ein geplanter Anschlag mit Sprengsätzen auf, ein Verbrechen zu sein…

Weitere Infos und Screenshots auf: uvsgraz.nowkr.at/

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