2010/05: Unfassbar: Anti-FPÖ-Sprechchöre als Festnahmegrund

+++ Massiver Polizeieinsatz bei der Antifa-Demo in Knittelfeld gegen einen Demonstranten.

Grund: Sprechchöre gegen eine FPÖ-Wahlkampfveranstaltung vor einem Monat in Graz! Rechtswidrige Festnahme durch passiven Widerstand fürs erste verhindert –Festnahme und Strafverfolgung drohen noch immer! +++

Am 17. April hatten in Graz am Hauptplatz bei der freiheitlichen Wahlkampfkundgebung mit Barbara Rosenkranz über 100 AntifaschistInnen Sprechchöre gegen die FPÖ gerufen. Lautstarkes Äußern von Protest bei Wahlkampfkundgebungen ist an sich durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt und stellt schon gar keinen Straftatbestand dar. Wohl auch deshalb schritt die Polizei damals nicht ein.

Doch für einen Demonstranten hat seine Anwesenheit nun gravierende Folgen. Für den 22. Mai rief ein Bündnis aus ÖH, Sozialistischer Jugend, grünalternativen und kommunistischen Jugendorganisationen und parteiunabhängigen Gruppen zu einer Demonstration gegen den „Burschentag“ des Österreichischen Pennälerrings in Knittelfeld auf. Während dieser Kundgebung war auch Grazer Polizei im Einsatz. Die Kundgebung in Knittelfeld selbst verlief friedlich und ohne Zwischenfälle.

Als sich die DemonstrantInnen gerade am Busbahnhof für eine Fortsetzung der Demonstration trafen, marschierten etwa 10 BeamtInnen auf den Aktivisten zu und forderten ihn auf, sie zu begleiten. Als er sich weigerte, mitzukommen, versuchte die Einsatzeinheit, ihn gewaltsam wegzuzerren.

Auf die heftigen Proteste hin erklärte der Leiter der Truppe schließlich den Grund für das Vorgehen: Der Betroffene hätte damals am Hauptplatz ein Gerichtsdelikt, nämlich die „Störung einer Versammlung“ gesetzt, und müsse daher mitkommen. Die umstehenden DemonstrantInnen und FreundInnen klammerten sich daraufhin aneinander, andere versuchten mit gewaltfreien Sitzblockaden die Festnahme zu verhindern. Auch die BeamtInnen, die zur Verstärkung anrückten, kamen gegen den Widerstand nicht an und gaben ihr Vorhaben schließlich auf. Die Worte des Kommandanten am Schluss waren:

„Wir kommen zu ihm. Und Sie werden nicht die ganzen nächsten Tage auf ihn aufpassen können.“

Das heißt also: Für das bloße Rufen von Sprechchören bei einer FPÖ-Wahlkampfkundgebung muss ein Antifaschist jetzt damit rechnen, jederzeit festgenommen und wegen Versammlungsstörung angezeigt zu werden.

„Ein eklatant menschenrechtswidriges Manöver der Grazer Polizei, um legale, aber unliebsame Demonstrationen zu unterbinden.“

Und die anderen an der Kundgebung Beteiligten? Müssen sie oder andere, die in Zukunft auf ähnliche Weise demonstrieren, jetzt auch darauf gefasst sein, gerichtlich belangt, festgenommen oder irgendwann von einem massiven Polizeiaufgebot herausgezerrt zu werden?